Dienstag, 08. August 2006
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Gralglas-Museum, Dürnau

Stuttgarter Stadtanzeiger, 08.08.2006


Gralglas-Museum

Der gläserne Glasbläser – ein »Gralglas«-Wahrzeichen.
Foto: Förderkreis »Gralglas«-Museum

Glück und Glas, wie leicht bricht das

Dürnau. (us/ar). Glas herstellen – dieses uralte Handwerk hat auch im Landkreis Göppingen seine Spuren hinterlassen. Im Spätmittelalter gab es die Glashütten im Nassachtal, deren Existenz im Berchtoldshof in Uhingen dokumentiert sind. Ende des 19. Jahrhunderts produzierte die Württembergische Metallwaren Fabrik WMF in Geislingen Glas in industrieller Fertigung. In der einst dörflichen Gemeinde Dürnau nahm 1950 eine moderne Glashütte unter dem Namen »Gralglas« ihren Betrieb auf. Sie brachte für die drauffolgenden 30 Jahre Weltruhm, Fortschritt und Wohlstand in den beschaulichen Ort. Heute zeugt ein kleines Museum noch von dieser Glanzzeit der Voralbgemeinde. Gehegt und gepflegt wird es von einem Förderkreis. Unter seinen Mitgliedern befinden sich einige Zeitzeugen sowie ein Enkel des »Gralglas«-Firmengründers Karl Seyfang.


»Gralglas«-Museum Dürnau: Dokumentation zur Ortsgeschichte der Gemeinde im Voralbgebiet des Göppinger Landkreises

Noch vor 20 Jahren weltberühmt

»Ich glaube, daß ein schönes Stück Glas so viel wie möglich von dem Atem enthalten sollte, der es entstehen ließ.« Maurice Marinot (1882-1960), französischer Glasdesigner, -künstler und Maler

Adriana Rossi / Förderkreis »Gralglas«-Museum, August 2008

Dürnau. Im Jahre 1930 gründeten Karl Seyfang und sein Sohn Rolf die »Gral-Glas-Werkstätten«. Hierbei handelte es sich um einen Veredelungsbetrieb, in dem fertige Gläser angekauft und durch Schliff und Gravur verschönert wurden. Zwanzig Jahre später zog die Firma nach Dürnau, wo sie dann jedoch auch das Glas selbst herstellte – und fortan das Bild der Voralbgemeinde prägte. Denn das Unternehmen und der mit ihm verbundene Zuzug von vielen Glasmacherfamilien aus Böhmen, die bei »Gralglas« Arbeit – und in Dürnau eine neue Heimat fanden, brachte Fortschritt und Entwicklung in den Ort. Gleichzeitig bedeutete dies auch dessen Wandel von einem Bauerndorf zu einem in der Glasproduktionsbranche bedeutenden Wirtschaftsstandort: Bald waren über 400 Menschen beschäftigt, und es wurden bis zu 15000 Artikel täglich von Hand hergestellt. Namhafte Designer fertigten Entwürfe für das Unternehmen. Es wurde exportiert, die Firma gelangte zu Weltruhm.

Gralglas-Museum

Zeitzeuge Erich Spannbauer erzählt auf lebendige Art und Weise von der kreativen Glasproduktion.
Foto: Adriana Rossi

Die Bürger aus Böhmen behielten zwar ihre heimatlichen Bräuche bei, integrierten sich aber bestens auch in ihrer neuen Umgebung. Später kamen noch Facharbeiterfamilien aus Portugal hinzu, und so entstand eine auf verschiedenen Kulturen basierende, intakte Dorfgemeinschaft.

Insbesondere die Blütezeit von »Gralglas« in den 1960er Jahren war eine wirtschaftlich gute Zeit für Dürnau. Der Ort zählte 2000 Einwohner, und alle Seiten identifizierten sich stark mit ihm, ebenso wie mit dem Unternehmen. »Ende der 1970er zogen jedoch dunkle Wolken am Markt für hochwertiges Glas auf«, erzählt Erich Spannbauer, einer der Initianten für die spätere Gründung des »Gralglas«-Museums. Der Konkurrenzdruck aus dem Osten mit Billigglas hatte 1982 zum ersten Konkurs geführt. Die darauffolgenden Jahre stand eine Auffanggesellschaft der Firma vor, aber auch sie konnte das endgültige Aus des ruhmreichen Unternehmens im Jahre 1987 nicht verhindern.

Nicht nur die Geschäftsführer und die Mitarbeiter mit ihren Familien traf dies hart. Auch für die Gemeinde bedeutete dies damals einen großen Einschnitt.
Der Zusammenhalt und das Traditionsbewusstsein der Glasmacher ließen über einen Förderkreis unter der Regie des langjährigen, im Jahre 2003 verstorbenen Vorstandes Josef Tomaschko sowie der Unterstützung der Gemeinde im Nordtrakt des Dürnauer Schlosses das bereits erwähnte »Gralglas«-Museum entstehen. In mühevoller Kleinarbeit wurde hier ein lebendiger Ort eingerichtet, der über ein faszinierendes Handwerk, den Berufszweig der Glasmacher, und die vielen, einzigartigen »Gralglas«-Produkte erzählt. Das 1995 eröffnete Museum soll mit der Darstellung des Werdegangs der »Gral«-Glashütte auch das kulturelle und firmengeschichtliche Gedächtnis eines ganzen Zeitabschnitts in der Gemeinde wach halten. Ziel des Förderkreises ist es aber ebenso, den Besuchern in einem kleinen, aber feinen Rahmen die Faszination von Glas an sich zu vermitteln. Eine Gelegenheit dazu bietet übrigens auch eine Veranstaltung der »Schwäbischen Landpartie« am 30. August ab 14 Uhr im Rahmen des »Sommers der VerFührungen«. Nähere Informationen hierzu erteilt Erika Mühleis unter Telefon 07165/1047.

Die regulären Öffnungszeiten sind samstags von 14 bis 17 Uhr. Eine Anmeldung für Gruppenführungen ist unter der Nummer 07164/91010-0 beim Rathaus möglich. Für weitere Infos vorab: www.duernau.de/db193.html.

(ca. 4.800 Anschläge)


KONTAKT

Gralglas-Museum
Bahnhofstr. 5
Im alten Schloß
73105 Dürnau
Tel.: 07164-91010-0 (Rathaus)
geöffnet: samstags von 14-17 Uhr